Stanislaw Lem – Der Futurologische Kongress.
„(…)Deiner irdischen Überreste braucht dich nicht zu beunruhigen; wir haben sie im Einklang mit Deiner Religion versorgt, und nach Maßgabe ihrer Weisungen – begraben, verbrannt, einbalsamiert, als Staub in alle Winde vertrstreut, in der Aschenurne bestattet, geweiht, in die Mülltonne geworfen.(…)“
Stanislaw Lem’s Futurologischer Kongress – Eines meiner absoluten Lieblingsbücher.
Es geht (mal wieder und endlich wieder) um Ijon Tichy, der, weil es angeblich alle Welt von ihm erwartet, zum achten Futurologischen Kongress in Costricana reist, um sich dort viele, viele Vorträge im 108-stöckigen Hilton Hotel anzuhören. Gleichzeitig findet aber auch ein Nudisten-Kongress statt. Verwechslungen sind Einprogrammiert. Und als hätte das noch nicht gereicht, plant man auch noch eine revolutionäre Bewegung gegen den Diktator des Bananenstaats Costricana. Als Tichy dann einen Anfall von völliger Begütigung und Glücksgefühlen erhält, wird ihm klar, dass der Diktator von Costricana das Wasser mit Benignatoren versetzt hat (chemisches Begütigungsmittel). Diese sollen den Aufstand der mit der Situation unzufriedenen Bevölkerung niederschlagen, weil die bisherigen absurden Waffen nicht ausreichen. Nicht nur das, sie greifen auch noch zu härteren Mitteln wie Psychotropikum. Das bringt Tichy, Professor Trottelreiner und andere Hotelgäste dazu. Sich mit Sauerstoffgeräten auszustatten, und in die Kanalisation des Hilton zu fliehen. Als er jedoch das Sauerstoffgerät abnimmt, gerät er in eine Reihe ziemlich grotesker Halluzinationen. Nachdem sein Körper fast vollständig zerstört ist, wird er in einen Behälter mit flüssigem Stickstoff geworfen, und wacht erst in ferner Zukunft wieder auf.
Stanislaw Lem zeigt uns hier eine grausame Vision über eine Zukunft, die wohl niemand haben will, sie aber dennoch realistisch ist. Hier hat aber Stanislaw Lem vielen Dystopien etwas voraus: Sie ist deutlich lustiger. Die Dystopie erinnert sogar an eine Satire, aber trotzdem ist ihre dystopische Form offensichtlich. Die vielen humorvollen Anspielungen auf Politische und Gesellschaftliche Kritikpunkte sind deutlich erkennbar, und zeigen, dass Stanislaw Lem ein sehr humorvoller Mensch war.
Der Aufbau der Geschichte erinert mich ein bisschen an eine dieser russischen Matrijoschka Puppen, aus der immer wieder eine kleinere herauskommt. Es ist ein Traum im Traum im Traum(…). In der „Pharmakokratie“, in der der aufgetaute Tichy aufwacht, stürzt er von einer demaskierten Illusion in die nächste. Lem spielt mit verschiedenen Erlebnisebenen, und lässt im unklaren, ob die Erlebnisse des Protagonisten Ijon Tichy „echt“ sind. Mehr möchte ich auch gar nicht verraten.
Das Buch ist Original im Polnischen geschrieben, und wurde am besten von Irmtraud Zimmermann-Göllheim übersetzt. Es ist erhältlich in jeder guten Buchhandlung, und ansonsten auch bestellbar. Es hat 144 Seiten, und ist bei SUHRKAMP 2021 neu erschienen.
Auf jeden Fall überaus lesenswert. Nicht umsonst eines meiner absoluten Lieblingsbücher.